Nähe des Geliebten – Johann Wolfgang von Goethe

Nähe des Geliebten – Johann Wolfgang von Goethe

„Ich denke dein …“ – kaum ein Vers bringt die Sehnsucht
nach einer fernen Liebe so verdichtet zum Ausdruck
wie Goethes **„Nähe des Geliebten“** (1776).
In nur vier Strophen zeichnet der Dichter ein Gefühls­panorama,
das bis heute Herzen erreicht. Unten findest du das Original,
eine leicht verständliche Analyse.

Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
Vom Meere strahlt;
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
In Quellen malt.

Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
Der Staub sich hebt;
In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
Der Wandrer bebt.

Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
Die Welle steigt.
Im stillen Haine geh‘ ich oft zu lauschen,
Wenn alles schweigt.

Ich bin bei dir; du seist auch noch so ferne,
Du bist mir nah!
Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne.
O, wärst du da!

Inhaltsangabe in drei Sätzen
Das lyrische Ich durchlebt den ganzen Tag im Zeichen einer abwesenden Geliebten. Morgens Sonne, nachts Mond, selbst das Rauschen der Wellen erinnern es an sie. Der letzte Vers verdichtet alles in den Wunsch:
*„O, wärst du da!“

Interpretation

1 | Allgegenwärtige Liebe
Goethe zeigt, dass echte Nähe nicht an räumliche Präsenz gebunden ist. Naturphänomene wie Sonnen­glanz, Mondlicht oder Wellen­rauschen werden zu Triggern, die das Bild der Geliebten wachrufen.

3 | Kreislauf des Tages
Die Strophen folgen dem Rhythmus **Morgen – Tag – Abend – Nacht**. Dadurch spannt sich ein poetischer Tages­bogen, der Sehnsucht als dauerhafte Begleiterin inszeniert.

3 | Intensität wächst
Strophe 1 ist reines Denken, Strophe 2 „sehe“, Strophe 3 „höre“ – alle Sinne werden angesprochen. In Strophe 4 löst sich die Wahr­nehmung auf in reines Wunsch­gefühl. Das steigert Emotionalität Schritt für Schritt.

Historischer Kontext

Goethe schrieb das Gedicht 1776 in der **Sturm-und-Drang-Phase**. Persönlich war er zu dieser Zeit von einer intensiven, aber komplizierten Beziehung zu Charlotte von Stein geprägt. Die Verschmelzung von Natur­beobachtung und Gefühl ist typisch für diese Epoche, die das Subjekt in den Mittelpunkt stellte.

FAQ zum Gedicht

Warum ist das Gedicht so musikalisch?
Der regelmäßige vierhebige Jambus, die Anaphern und die lautmalerischen Vokale („dumpfem Rauschen“) erzeugen eine Melodie, die leicht vertont werden kann – daher existieren mehrere Kunst­lieder­fassungen.

Kann ich „Nähe des Geliebten“ für eine Rede nutzen?
Ja. Das Gedicht ist gemeinfrei. Bitte gib die Quelle „Johann Wolfgang von Goethe“ an und, falls du diesen Beitrag hilfreich fandst, einen Hinweis auf Männerrosa.de.

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